16.05.2023 Scottish Six Days Trial 2023
Dieses Jahr hatte ich die Möglichkeit mit meinem Team das Scottish Six Days Trial zu bestreiten. Das wahrscheinlich bekannteste Trial – Event, das es gibt. Immer in der ersten Maiwoche des Jahres findet es in Fort William in Schottland statt. Dieses Jahr war es vom 1.5 – 6.5.23.
180 Sektionen, 6 Tage, zwischen 110 – 160 Kilometer Rundkurs täglich und meis-tens 8 Stunden auf dem Motorrad an einem Tag. Ein sehr einzigartiges Event,
welches es sonst nirgendwo gibt und deshalb schon fast ein „Muss“ für jeden Trial- Fahrer ist, dort einmal an den Start zu gehen. Deshalb habe ich mich umso mehr gefreut, dass ich das schon dieses Jahr erleben durfte.
Am Freitag 28.05. machten wir uns früh morgens auf die Reise. Mein Vater und ich fuhren zuerst zu meinem Team PWS Offroad nach Neunkirchen. Von dort fuhren wir dann zusammen in drei Autos mit allen Motorrädern, Fahrern und Betreuern weiter nach Rotterdam auf die Fähre. Diese ging 12 Stunden über Nacht nach Hull in England. Von dort fuhren wir dann die restlichen 700 Kilometer bis nach Fort Wil-liam, so dass wir dort am Samstagabend ankamen. Ca. 20 Minuten von Fort Wil-liam entfernt, wohnten wir in einem Bungalow.
Am Sonntagmorgen ging es dann los mit der Anmeldung und der Technischen Ab-nahme. Das lief wie gleich, wie bei anderen Veranstaltungen, ab. Nach der Techni-schen Abnahme kam das Motorrad dann in den Parc Fermé.
An den Motorrädern haben wir ein paar Änderungen vorgenommen, damit weniger Dreck an Kühler und Motor kommt, ein Seitenständer muss montiert sein und ein Nummernschild muss angebracht sein. Später am Nachmittag gab es noch eine Parade bei der alle Fahrer mit dem Motorrad durch die Stadt gefahren sind und sehr viele Zuschauer zugeschaut haben.
Als letzter Programmpunkt des Tages stand das Riders Briefing an, bei dem wir auf die Besonderheiten des Trials aufmerksam gemacht wurden. Für den Wettkampf benötigt man außerdem einen Führerschein, da man auch viel über Straßen fährt. Die Regeln in den Sektionen sind wie üblich und Non-Stop wird ebenfalls gewertet.
Unglücklicher Weise hatten wir es alle am Sonntag auf dem Magen und einige mussten den Tag sogar im Bett verbringen. Wir vermuten, dass wir uns irgendwo, wahrscheinlich auf der Fähre, weil wir dort alle zusammen essen waren, uns was eingefangen hatten. Mir ging es zum Glück ganz ok, aber das war natürlich nicht der Start, den wir uns vorgestellt hatten.
Ein Tag bei den Six Days sieht folgendermaßen aus:
Insgesamt starten 288 Fahrer. Es gibt 6 Startgruppen mit jeweils 48 Startern. Nach diesen Gruppen richtet sich die Startzeit. Pro Minute startet immer ein Fahrer, der Erste immer um 7:30 Uhr, der Letzte um 12:09 Uhr. Am ersten Tag startet die erste Gruppe, also die Startnummer 1-48 als Erste, dann 49 - 96 und so weiter. Am nächsten Tag startet dann die Gruppe 2, also Startnummer 49 – 96, als Erstes, dann Gruppe 3 mit 97 - 144 und die Gruppe 1, also Startnummer 1 – 48, als Letz-tes. Das bedeutet, man muss sich jeden Tag selber seine Startzeit ausrechnen. So verschiebt sich das jeden Tag. Wenn man als Erster startet, nennt man das „Early Day“. Ich hatte meinen am Donnerstag. Diese Regel dient dazu, dass jeder einmal als Erstes in den Tag starten muss und es so fairer wird. Als Erster zu starten, hat nämlich sehr viele Nachteile. Man hat noch keine Spuren in den Sektionen und auch nicht auf der Zwischenstrecke. Oft ist es auch so, dass es bei den Ersten noch viel glatter ist als später, das klingt komisch, weil das sonst eher anders ist, aber in dem Bach mit Wasser ist das so. Natürlich wirklich fair ist das nie, weil es ja auch jeden Tag andere Sektionen und Routen sind, das heißt, bei einem ist es viel-leicht besser als erstes, bei einem anderen in einem anderen Gelände vielleicht nicht. Aber auch das Wetter kann sich von Tal zu Tal ändern. Da zwischen dem ersten und letzten Starter gute 4 ½ Stunden liegen, kann sich viel ändern. Aber die Regeln sind schon immer so und werden auch von allen akzeptiert.
Jedenfalls darf man am Morgen, 15 Minuten bevor man startet, ins Parc Fermé. Dort kann man dann die letzten Vorbereitungen am Motorrad treffen, wie Luftdruck prüfen. Dann startet man zu seiner Uhrzeit. Am Start bekommt man dann einen Zettel auf dem eine Karte mit den Sektionen ist und die gesamt Fahrtzeit darauf steht.
Das heißt, es gibt nur eine Zeit wann man wieder zurück im Ziel sein muss, also keine Zwischenzeit. Dann geht es los, aus der Stadt fährt man raus in die High-lands. Jeden Tag gibt es eine andere Route und man fährt auch nie die gleichen Sektionen in den Tagen. Die Zwischenstrecke ist mit Pfeilen markiert, so weiß man wo man fahren muss. Die Zwischenstrecke kann über alles gehen, von Straße, Feldwegen, Wanderwegen bis hin zum endlosen Moor ist alles dabei. Man fährt also los, den Pfeilen entlang, bis die Sektionen kommen.
Die Sektionen läuft man dann ab, legt seinen Rucksack ans Ende der Sektion und fährt die Sektion. Also einiges schneller als bei der WM. Die Sektionen sind eine Sache für sich. Ein Großteil ist in Bauchläufen mit den unterschiedlichsten Steinen, die es dort gibt. Sehr glatte aber auch sehr griffige in allen Größen. Die Sektionen sind nur mit einem Anfang- und Endeschild gekennzeichnet und zwischendrin manchmal Tore, je nachdem wie breit der Bach ist. Am Rand gibt es keine Absper-rung, man darf den Bach aber nicht verlassen. Die anderen Sektionen sind in ir-gendwelchen Geröll- und Steinfelder, wo weniger Wasser durchfließt. Höhere Stu-fen gibt es eigentlich nicht, deshalb fährt man dort auch ohne Minder. Die Sektio-nen sind also sehr speziell und für „Nichtengländer“ sehr ungewohnt zum Fahren. Die sind sehr gut in sowas, da sie die Füße einfach nicht absetzten und sich irgend-wie mit dem Motorrad immer „durchwurschteln“.
Pro Tag werden 30 Sektionen gefahren. Der Abstand zwischen den Sektionen ist jedes Mal anders. Manchmal ist die nächste Sektion einfach weiter oben im Bach, ein anderes Mal fährt man 1 ½ Stunden durchs Moor zur nächsten Sektion. Auf der Zwischenstrecke gibt es dann Tankstopps, welches das Militär macht.
Zwischen 5 – 7 Tankstopps gab es am Tag. Gegen Mitte des Tages gibt es einen kleinen Raststopp. Dieser war auch jeden Tag woanders. Wenn man ankam, musste man seine Karte abgeben, welche man erst wieder nach 15 Minuten zu-rückbekommen hat, erst dann durfte man wieder weiterfahren. Jeden Tag war an der Pausenstation der gleiche Foodtruck da und man bekam ein Getränk, eine Ba-nane und man konnte zwischen Nudeln, Burger und Hotdogs auswählen. Nach ca. 4 Stunden immer fahren, hat man sich dann schon auf die Pause gefreut. Nach den 15 Minuten bekam man seine Karte zurück und weiter ging es. Der Mittag hat meis-tens ziemlich genau die 30 Sektionen geteilt, so war der Nachmittag meistens auch noch sehr lang. Nachdem man alle Sektionen gefahren hatte, ging es zu einer Zeit-kontrolle. Diese war auch jeden Tag entweder noch ein Stück von der letzten Sek-tion weg, oder gleich daneben. Hier wurde die reine Wettkampffahrtzeit gestoppt. Und erst hier konnte man feststellen, ob man gut oder schlecht in der Zeit war. Da die letzte Sektion immer weiter weg von Fort William lag, außer am letzten Tag, gab es eine feste Zeit, die auf die Fahrtzeit draufgesetzt wurde, um von der Zeit-kontrolle zurück in die Stadt ins Fahrerlager zu fahren. Diese Zeiten waren von 18 Minuten bis 45 Minuten. Diese Zeiten musste man auch einhalten und man durfte nicht früher im Fahrerlager ankommen. Dadurch kann sichergestellt werden, dass niemand rast, da das letzte Stück immer über größere Straßen mit viel Verkehr ging.
Im Fahrerlager angekommen, gab es wieder eine Zeitkontrolle. Nachdem hier auf der Karte die Zeit vermerkt wurde, lief nun die reine Fahrtzeit, welche vorher ge-stoppt wurde, wieder weiter. Je nachdem ob man noch Fahrtzeit übrig hatte, konnte man am Motorrad noch etwas machen. Wenn nicht, musste man direkt übers Ziel fahren und das Motorrad im Parc Fermé abstellen. So musste man halt am nächs-ten Morgen, in den 15 Minuten, in denen man früher rein durfte, das Motorrad ma-chen. Erst dann war der Tag beendet.
Der Montag verlief sehr gut für mich. Ich bin sehr schnell in den ganzen Ablauf rein-gekommen und ich bin auch in den Sektionen eigentlich ganz gut zurechtgekom-men. Mit 142 Kilometer und insgesamt 20 Strafpunkten ein solider Tag.
Am Dienstag ging es dann mit der guten Motivation vom Vortag weiter. Es startete sehr gut. Irgendwann kam das Moor, durch welches die Zwischenstrecke ging und wir von einer Sektion bis zur nächsten über 1 ½ Stunden durchgehend im Moor ge-fahren sind. Es ist sehr schwer durch das Moor zu fahren, da einem plötzlich das Motorrad vorne einsticht und man zum Teil dann böse über den Lenker geht. Meine Teamkollegin, mit der ich zusammengefahren bin, hatte noch mehr Probleme als ich und ich musste sie ein paar Mal rausziehen. Dadurch haben wir viel Zeit verlo-ren. Als wir dann durch waren und die nächsten Sektionen gefahren sind, mussten wir mittags feststellen, dass wir wieder so lang durch das Moor zurück mussten. Da man nie wirklich weiß, ob man gut in der Zeit ist oder nicht, sind wir durchgehend gefahren, da wir schon merkten, dass es knapp werden könnte, da auch die Fahrer um uns herum sich sehr beeilten.
Schlussendlich haben wir es nicht in der Zeit geschafft und ich habe 35 Zeitstraf-punkte auf meine Punkte vom Tag bekommen, wodurch ich auf 52 Strafpunkte kam. Das war sehr ärgerlich für mich. So rutschte ich von meiner guten Platzierung vom ersten Tag weit zurück.
Das sind die Erfahrungen, die man leider beim ersten Mal macht. An dem Tag sind wir 127 Kilometer gefahren.
Am Mittwoch hatte ich meinen persönlichen besten Tag, denn ich machte nur 17 Strafpunkte, was sehr gut war an diesem Tag. Außerdem war auch nicht mehr ganz so viel Moor auf der Route weshalb die Zeit reichte. Der Tag bestand aus 138 Kilometern.
Donnerstag und Freitag waren mit 161 und 154 Kilometern die längsten Tage. Und für mich auch die Schwierigsten, weil ich dort an beiden Tagen sehr früh, bzw. am Freitag in der frühsten Gruppe starten musste. In den Sektionen gab es noch keine Spuren und sie waren sehr glatt. Zeitprobleme hatten wir zum Glück keine. 37 und 31 Strafpunkte sammelte ich pro Tag.
Am Samstag war dann der letzte Tag. Mit 110 Kilometern war das der Kürzeste. Auch in den Sektionen konnte ich nochmal einiges abliefern und hatte am Ende des Tages 18 Strafpunkte.
Schlussendlich landete ich mit 175 Punkten auf dem 71. Platz von 237 Finishern. Nachdem ich am Dienstag nach den Zeitpunkten über Platz 100 lag, war das in Ordnung.
Mein Ziel war es in die Top 50 zu kommen. Wenn ich meine Zeitpunkte abziehe, wäre ich auf dem 55. Platz gelandet. Es ist schon sehr interessant zu sehen, wie die Engländer in dieser Art von Sektionen triumphieren. Sehr viele von den Fahrern die dort zum Teil mitfahren, hätten wahrscheinlich Schwierigkeiten bei einer Welt-meisterschaft mitzufahren, aber in Schottland fahren sie sehr gut. Das zeigt einfach wie unterschiedlich das Trial ist.
Alles in allem hat mir die Woche sehr viel Spaß gemacht und es war auf jeden Fall ein sehr gutes Training für mich, da auch diese Art von Sektionen öfters in der Weltmeisterschaft drankommen. Es war ein unvergessliches Abenteuer und ich möchte das auf jeden Fall noch einmal machen.
Vielen Dank an TRS Germany für das top vorbereitete Motorrad und für die Mög-lichkeit das zu machen.
Kommenden Dienstag geht es für mich schon weiter zu der Weltmeisterschaft nach Japan. Darauf freue ich mich auch schon sehr und ich bin motiviert wieder alles zu geben.
Amtzell, den 14 .05 2023
Gruß Joni